Zu sehen ist ein Lastenfahrrad bepackt mit Geschenken, das einem LKW beladen mit Geldscheinen vorweg fährt

Vorfahrt für Gemeinnützigkeit

Was ist Gemeinnützigkeit?

Die Freie Wohlfahrtspflege erfüllt wichtige Aufgaben des Sozialstaates in Deutschland. Sie umfasst die Gesamtheit sozialer Hilfen zur Unterstützung von notleidenden Menschen, die auf freigemeinnütziger Grundlage erbracht werden.

Gemeinnützige Organisationen der Wohlfahrtspflege unterscheiden sich von staatlichen und gewerblichen Anbietern. Sie sind die lebendige Zivilgesellschaft in ihrer organisierten Form. Gemeinnützige Organisationen werden in unterschiedlichen Rechtsformen betrieben (zumeist in der Rechtsform des eingetragenen Vereins, aber auch der gemeinnützigen GmbH, der Genossenschaft, Aktiengesellschaft und der Stiftung). 

Die Gemeinnützigkeit ist ein besonderer steuerrechtlicher Status, der mit Rechten und Pflichten verbunden ist. Gemeinnützigen Organisationen kommt das echt zu, von bestimmten Steuern befreit zu sein. Ein weiteres Recht von gemeinnützigen Organisationen ist, dass sie Spenden erhalten dürfen und hierzu Spendenquittungen ausstellen können, die wiederum den Spender steuerlich begünstigt. Eng mit diesen Rechten sind eine ganze Reihe von Pflichten verknüpft: Gemeinnützige Organisationen dürfen keine Gewinne an Einzelne ausschütten, sondern es wird in die Gesellschaft investiert. Ihre Satzung muss der Mustersatzung aus der Abgabenordnung entsprechen, die der Gesetzgeber vorgibt, und die Satzung muss einen gemeinnützigen Zweck erfüllen. Dies geschieht dann, wenn ihre Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, die Allgemeinheit zu fördern. Dazu gehört, dass sie nicht in erster Linie sich selbst fördern darf. Dies nennt man das Prinzip der Selbstlosigkeit. Die Mittel einer gemeinnützigen Organisation sind zweckgebunden und dürfen nur für den Satzungszweck verwendet werden, zudem müssen die Mittel grundsätzlich zeitnah für den satzungsmäßigen Zweck verwendet werden. 

Die Arbeit der gemeinnützigen Wohlfahrtspflege ist – anders als bei gewerblichen Anbietern – nicht von der Gewinnmaximierung motiviert, sondern von Werten wie Vielfalt, Miteinander und Diversität. Das Ziel ist es nicht, Kennzahlen zu erfüllen, sondern die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft zu fördern und bei der Bewältigung von sozialen Krisen zu helfen. 

In der Freien Wohlfahrtspflege wie z. B. in den Mitgliedsorganisationen des Paritätischen engagieren sich Menschen in der Selbsthilfe und für andere, in der Sozialen Arbeit, im Gesundheits- und Pflegebereich und in zahlreichen anderen Arbeitsfeldern. Sie sind z. B. vor Ort in der Nachbarschaftshilfe, in Frauenhäusern, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und in Suchtberatungsstellen aktiv oder helfen Jugendlichen in Not oder Geflüchteten bei der Integration. Sie sind zentraler Ort den bürgerschaftlichen Engagements, der Hilfsbereitschaft und der sozialen Innovationen.

Für das Zusammenwirken zwischen dem Staat und den Trägern der Wohlfahrtspflege im Sozialstaat ist das sogenannte „Subsidiaritätsprinzip“ grundlegend, welches sich historisch herausgebildet hat. Als Ausdruck von Freiheit und Emanzipation der Bürger*innen gegenüber dem Staat bedeutet es, dass Hilfe immer vorrangig von den Bürger*innen selbst organisiert wird, wenn sich Menschen finden, die dazu bereit sind. Der Staat soll dafür die Grundlagen, insbesondere die Finanzierung, sichern. Als übergeordnete Instanz soll der Staat nur dann selbst soziale Dienstleistungen erbringen, wenn andere dazu nicht in der Lage sind. Der Subsidiaritätsgrundsatz sichert Vielfalt in den Angeboten und damit das freie Wunsch- und Wahlrecht hilfesuchender Bürgerinnen und Bürger.  

Deshalb ist in den Sozialgesetzbüchern ein Vorrang gemeinnütziger Dienste bei der Erfüllung von sozialstaatlichen Aufgabe festgeschrieben.

Textquelle: Der Paritätische Gesamtverband / Verbandsmagazin Ausgabe 02I2022